Sunday, June 25, 2006

The Real Book - The Story Of A Jazz Bibel

Das Real Book ist heutzutage das bekannteste und weit verbreitete Jazz Fake Book. Doch was ist das Real Book, wie entstand es und wer schuf das Werk, mit dem heute Millionen von Jazzmusikern arbeiten. Die Geschichte einer Bibel des Jazz.

Das Real Book ist eine Sammlung der wichtigsten Jazz-Standards und Jazz-Kompositionen der vergangenen 60 Jahre, die transkribiert mit der Melodie und den Akkordsymbolen (Changes) das Thema eines Stückes enthalten, auf das dann im Solo improvisiert wird. Diese Art von Notenblättern sind im Jazz gang und gäbe und nennen sich „Lead Sheet“. Das Real Book umfasst somit eine Sammlung der Jazzstücke, die am häufigsten auf Konzerten oder Jam-Sessions gespielt werden.

Entstanden ist das Real Book irgendwann in den Siebziger Jahren am Beerkle College of Music, eine der renommiertesten Universitäten für Musik in den USA, die schon einige berühmte Musiker hervorbrachte (wie zum Beispiel die Pianisten und Jazz-Sängerin Diana Krall). Hier hatten der Bassist Steve Swallow und der Pianist Paul Bley die glorreiche Idee, ein Buch zu schaffen, das die wichtigsten Jazz-Standards enthält und somit das Musikerdasein leichter machen sollte. Mit der Hilfe vieler anderer Studenten begannen sie so eine riesige Sammlung an transkribierter Jazz-Kompositionen zu erstellen, die nach und nach wuchs und am Ende drei volle Bücher umfasste, Vol. 1, Vol. 2 und Vol. 3. Die ersten beiden Bücher waren noch zunächst größtenteils per Hand geschrieben, das dritte per Computer. So umfasste dieses aller erste Real Book am Anfang noch viele Kompositionen von Swallow und Bley selbst, aber auch schon viele allgemein bekannte Jazz-Kompositionen.

Sehr schnell verbreitete sich dieses neu entstandenen Real Book in der Jazz-Szene und wurden fortan zu einer wichtigen Grundlage vieler Sessions. Dadurch, dass sie auch noch schwer aufzutreiben waren, waren sie daher umso beliebter bei Musikern und die Idee von so genannten Fake Books verbreitete sich rasend schnell. So tauchten auch zunehmend weitere Fake Books auf – so zum Beispiel das "Latin Real Book", das "All-Jazz Real Book" oder das "Real Jazz Standards Fake Book" und viele mehr -, die sich nicht nur in der Qualität sondern auch in der Umsetzung von den ersten „richtigen“ Real Books unterschieden. Doch auch diesen Real Books fehlte eine wichtige Grundlage. Bei der Sammlung wurde das Urheberrecht jener Jazz-Standards gänzlich vernachlässigt und so entstand am Ende mehr und mehr ein wunderbares Werk an Jazzstücken, die jedoch alle keine Lizenz hatten und damit schlichtweg illegal waren. Doch selbst das konnten den Erfolg der Real Books nicht mehr stoppen und so verbreiteten sich die Bücher innerhalb weniger Jahre in einer immensen Zahl.



Die Bezeichnung "Real Book" ist seit seiner Existenz jedoch nicht ganz klar und so trägt das Real Book auch den Namen Fake Book, ein Begriff, der sich weitgehend in die Sprache des Jazz eingebürgert hat, jedoch nicht spezifisch für den Jazz steht, sondern auch im Blues, Country und sogar Pop benutzt wird. Dieser Begriff lässt sich aus dem englischen Wort "to fake" ableiten, was soviel wie "vortäuschen" bedeutet. Er stammt aus einer Zeit, als Musiker noch oft in Jazzclubs und Lokalen spielten und für ein Trinkgeld die Musikwünsche der Gäste erfüllten. Mit einem Fakebook konnte man also quasi vortäuschen, einen Jazzsong zu kennen, und ihn vorzuspielen, als ob man ihn geprobt hätte. All das basiert natürlich jedoch auf Improvisationen und jahrelanger harter Arbeit für einen Musiker, dies zu beherrschen.

Und damit ist auch schon der wichtigste Punkt erreicht, der zum Beherrschen dieser Kunst, nach dem Real Book zu spielen, notwendig ist: Die Fähigkeit aus der Situation heraus, egal mit welchem Musiker oder mit welcher Band, zu improvisieren und zu „jamen“. Es ist die Kunst die einen richtigen professionellen Musiker von einem trennt, der es nur als Hobby betreibt und nicht die Zeit in diese Arbeit investiert. Musiker, die es beherrschen, jegliche Songs aus den Real Book zu spielen – und dies meistens auswendig! –, gehören speziell in der Sparte des Jazz zu den besten und am höchsten zu würdigenden Musikern.

Der andere Punkt ist, dass das Real Book eine einzigartige Notensammlung ist, die auf jeder Jam-Session allgegenwärtig ist, jedoch manchmal auch falsch interpretiert wird. Zweifelsfrei ist das Real Book der beste Weg in den Jazz einzusteigen und mit professioneller Haltung zu Werk zu gehen, jedoch sollte ein Real Book auf dem Weg des Musikerdaseins mehr als ein Nachschlagwerk sein, d.h. häufig gespielte Standards sollten am besten auswendig gelernt werden, da ein zu häufiges Nachschlagen des gleiche Songs auf die Dauer nicht sehr gut zum Publikum rüberkommt und die Besonderheit jener Stücke damit verloren gehen.


Zum anderen ist in dieser Hinsicht auch zu bedenken, dass früher keine Real Book artige Notensammlung existierte und Musiker sich diese Jazz-Standards selber und durch ihr gutes Gehör aneigneten. Was heute an Hochschulen für Musiker unterrichtet und gelehrt wird, wurde sich früher selber angeeignet durch das blanke Hören der Radiosender oder Konzerte bzw. Broadwayshows, aus denen die meisten der Jazz-Standards von Komponisten wie Irving Berlin, Jerome Kern und Otto Harbach, Cole Porter oder Richard Rodgers und Lorenz Hart aus den frühen Dreißiger und Vierziger Jahre stammen. Es gibt heutzutage Musiker, die 1000 bis 1500 Jazzstandards auswendig beherrschen und in den meisten Musikerszenen ist ein Grundwortschatz von etwa 400 Jazz-Standards Vorraussetzung, um überhaupt bei anderen Musiker mitspielen zu dürfen (als ein solch hartes Pflaster dürfte sich wohl New York bezeichnen). Um dies erreicht zu haben, gehören sicherlich jahrelange Erfahrungen im Musikerleben dazu und endlose Jam-Sessions und andere Gelegenheiten, diese Kenntnisse schlussendlich auch umzusetzen. Natürlich ähneln sich jedoch auch viele Standards in ihrer Form, dem Aufbau oder den Kadenzen. Ein Beispiel hierfür sind die immer wieder gleich bleibenden Bluesschemata, häufig auftretende II-V-I Kadenzen oder durch die Tonart bzw. Melodie.

Wichtig beim Gebrauch des Real Books ist jedoch nicht nur, sich als individueller und persönlicher Musiker voranzuarbeiten, sondern auch auf andere Dinge zu achten. Dies betrifft vor allem, den anderen Musikern in der Band aktiv zuzuhören und melodische oder rhythmische Motive der Mitmusiker möglichst schnell nachzuvollziehen und aufzugreifen, damit man ein Gefühl für die Form jedes einzelnen Stückes entwickelt, sodass man beispielsweise die Takte nicht mehr mitzählen muss . Über allem steht jedoch weiterhin die Improvisation, die ohne Frage am schwersten zu beherrschen ist.

Seit den Siebziger Jahren ist eine ganze Reihe solcher Sammlungen an Jazz-Standards entstanden, die sich hinsichtlich ihrer Qualität, Werkstreue und vor allem im Hinblick ihres urheberrechtlichen Status zum größten Teil erheblich unterscheiden.

Speziell die ersten Versionen des Real Books weisen oft erhebliche Fehler auf. Obwohl es natürlich keine Notensammlung gibt, die man als 100% fehlerfrei bezeichnen kann, jedoch muss man hier klar differenzieren. In der ersten Versionen des Real Books bis zur 5th Edition hatten sich überdurchschnittlich viele Fehler eingeschlichen, da sie auch von Grund auf per Hand geschrieben wurden.


Die meisten Fehler sind hier weniger in der Melodie sondern zu meist in den Akkorden und Changes zu finden. Es ist in dieser Lage natürlich sehr schwierig herauszufinden, welches nun die „richtigen“, oder besser gesagt die „üblichen“ Akkorde sind und welche Akkorde einfach „falsch“ sind, bzw. nicht in die musikalische Form eines Stückes passen. Das einzige Problem scheint eher zu sein, dass vor allem junge Musiker zunächst die Stücke so spielen, wie sie in den Real Books stehen, ohne dabei ältere Aufnahmen zu beachten, auf denen die richtigen Akkorde verwendet wurden. So schleichen sich nach und nach kleine Fehler ein, die einen später arg zur Last fallen können.

Mit dem Erscheinen eines neu überarbeiteten Real Book, der 6th Edition, die seit diesem Jahr auf dem Markt ist und das erste mal wirklich legal ist, sank somit auch die Fehlerrate im Real Book und damit ist die neuste Version dieses Buches wirklich nur noch zu empfehlen, da sie als ideales Medium zum Einstieg in die Jazzmusik einfach perfekt ist.

Der große Vorteil dieser neusten Ausgabe ist, dass sie diesmal nicht illegal erschien, damit zum einen kein Nachahmer-Fakebook ist, zum anderen nun auch alle Kompositionen Lizenzen haben, d.h. die Musiker für ihre Musik bezahlt werden. Einziger Nachteil ist, dass mit dieser Version auch einige Stücke in ihrer Tonart verändert wurden und somit vor allem ältere Fans des Real Books zunächst Probleme mit dem neuen haben werden und doch lieber auf das ältere 5th Edition zurückgreifen.


Wie dem auch sei, das Real Book hat den Jazz in den bisher über 30 Jahren seines Bestehens fortan verändert, es brachte sowohl für Musiker und Nichtmusiker die Möglichkeit mit sich, einen Einblick und noch viel mehr in die große Welt des Jazz zu bekommen. Das Real Book ist heute nicht nur das berühmteste aller Jazzbücher geworden, es ist mittlerweile auch das meist geschätzte geworden, auch wenn noch immer Millionen an illegalen Versionen im Umlauf sind, hat es den Jazz bereichert und verbreitet und wird so wie es aussieht auch die nächsten 30 Jahre nichts an diesem Erfolg einbüßen.


Mehr Informationen zu den Real Books: Hier
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Real Book Listening Guide: Hier

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