Saturday, August 05, 2006

Moanin' (Art Blakey)

Es waren nur drei Wochen nach Art Blakeys 39. Geburtstag, als es den Schlagzeuger und Leader seiner Gruppe „The Jazzmessengers“ mit einer völlig neuen Formation aus jungen und talentierten Musikern für das Label Blue Note Records ins Aufnahmestudio von Rudy Van Gelder zog, um eins der meist geliebten und bewunderten Werke in der Jazzmusik zu schaffen: Moanin’. Die Geschichte Blakeys größten Erfolges und eines Ohrwurms der Jazzmusik.




„Moanin’“ ist bis heute ein Klassiker in der Welt der Jazzmusik. Es ist nicht nur die entscheidende Aufnahme in der Kariere des Schlagzeugers Art Blakey, Leader der legendären Gruppe, die dieses Werk schuf, es stellt auch wie beispielsweise das Album „Kind Of Blue“ von Trompeter Miles Davis einen Übergang in eine neue Ära der Jazzmusik - den Hard Bop - dar. Es ist also eine Platte, die für die Jazzgeschichte und ihr Folgen von enormer Wichtigkeit ist.Doch was genau geschah an jenem 30. Oktober 1958 in Hackensack, New Jersey im benachbarten New York im kleinen Aufnahmestudio des Toningenieurs Rudy Van Gelder und was macht diese Platte eigentlich so besonders und hebt sie von anderen hervor. Es ist die Geschichte eines Meisterwerks der Jazzmusik, das manchmal zwar nicht die verdiente Würdigung erhielt, jedoch bei Jazzkennern ganz klar zu den entscheidenden Jazzplatten gehört.


Im Jahre 1958 war die Jazzmusik auf dem Höhepunkt ihrer Geschichte. Obwohl großartige Musiker wie der Saxophonist Charlie Parker oder der Trompeter Clifford Brown schon beide durch tragische Weise ums Leben kamen und der Bebop der späten Vierziger und frühen Fünfziger Jahre bereits tot war, so fand Ende der Fünfziger Jahre grade ein entscheidender Richtungswechsel im Jazz statt. Meisterwerke wie John Coltranes Album „Blue Train“ waren schon geschrieben, andere wie Miles Davis’ „Kind Of Blue“, Coltranes „Giant Steps“ und „A Love Supreme“ oder Lee Morgans Album „The Sidewinder“ kamen erst noch. Während der Bebop Abschied nahm folgte mit ihm der Hard Bop, glanzvoll vertreten durch den Schlagzeuger Art Blakey, und der Jazz teilte sich allmählich in verschiedene Richtungen, so z.B. in den Modern Jazz, den Avantgarde oder den Free Jazz. „Moanin’“ spielte bei alldem eine entscheidende Rolle, da es eines der ersten Alben war, das diesen entscheidenden Weg der Veränderung ging und nicht in der Zeit stecken blieb sondern die Entwicklung vorantrieb. Maßgeblich daran beteiligt: Schlagzeuger Art Blakey.

Art Blakey, geboren am 11. Oktober 1919 in Pittsburgh, war einer der wichtigsten und bedeutendsten Schlagzeuger der Jazzgeschichte. Angefangen als Pianist, dann jedoch vom sagenhaften Pianisten Erroll Garner aus der eigenen Band verdrängt, verzog er sich später hinters Schlagzeug, stieg er schon bald zu Amerikas bedeutendsten Schlagzeugern auf und mit seiner im Jahre 1955 gegründeten Band „The Jazzmessengers“ war auch der Weg zum endgültigen Erfolg und das Entstehen dieser Platte geebnet.

Die Aufnahme fand wie fast alle Platten des Labels Blue Note Records in Hackensack, New Jersey statt, wo der Tontechniker Rudy Van Gelder, ein sehr guter Freund von Alfred Lion und Francis Wolff, den beiden Gründern und Besitzern des Labels, sein kleines Aufnahmestudio im Wohnzimmer seiner Eltern hatte. Noch heute hinterlassen die während der Aufnahme vom Fotographen Francis Wolff geschossenen Bilder die Eindrücke, wie es in Van Gelders erstem - noch sehr kleinem Studio - aussah, bevor er im gleichen Jahr noch ein größeres Aufnahmestudio im benachbarten Englewood Cliffs bezog. Im Hintergrund sind verschiedene Rollläden, Wandschränke oder Stehlampen zu sehen. Wenn man dieses kleine Zimmer heuet noch betritt scheint es beinah unfassbar, wie in so einem engen Raum so viele Jazzklassiker wie beispielsweise auch John Coltranes Album „Blue Train“ entstehen konnte.

Doch nicht nur Schlagzeuger Art Blakey alleine, Tontechniker Rudy Van Gelder oder auch die Präsenz von Alfred Lion und Francis Wolff beim Aufnahmetermin, die die Entstehung und Umsetzung der Platte vorantrieben, waren für den Erfolg bzw. das Entstehen der Platte verantwortlich, sondern vor allem die Mitmusiker Blakeys, eine völlig neu zusammen gewürfelte Band, die für den größten Teil des Materials und der Musik verantwortlich war. Es waren die neuen „Jazzmessengers“, die Blakeys Message in die Jazzwelt trugen.


Hier die Musiker, die „Moanin’“ entstehen ließen:


Lee Morgan – Trumpet
Benny Golson – Tenor Saxophon
Bobby Timmons – Piano
Jymie Merritt – Bass
Art Blakey – Drums


„Staying with the youngsters“ war immer das Credo von Art Blakey gewesen. Schon fünf Jahre vor der Aufnahme zu diesem Album war Blakey mit einer Band von nur jüngeren Leuten für das Plattenlabel Blue Note Records zum Aufnahmetermin erschienen, damals für das Arrangement im Birdland, das zwei Alben ergab, „A Night at Birdland, Vol. 1 & 2“. Und genauso wie es der Trompeter Miles Davis später auch bei seinem Album „ESP“ tat, als er eine vollkommen neue Band aus jungen Musikern vorstellte, so führte auch die neue, junge Band Blakeys dazu, dass nicht nur die „Jazzmessengers“ wieder auf einen erfolgreichen Kurs kamen, sondern auch neues und frisches Blut in eine neue Ära des Jazz gebracht wurde: den Hard Bop.


Bis auch Blakey selbst, der aus Pittsburgh stammt, bestand die ganze Band für die Aufnahme zu „Moanin’“ - und auch für wenige Aufnahmen danach noch - nur aus Musikern aus Philadelphia.

Angeführt vom Tenor Saxophonisten Benny Golson. Der 30-jährige Saxophonist aus Philadelphia und außerdem auch ein guter Freund vom anderen begabten Saxophonisten aus Philly, John Coltrane, zeigte sich als musikalischer Leiter der Band und Hauptverantwortlicher für die meisten Kompositionen neben Blakey als der wichtigste Teil der noch sehr neuen Gruppe. Alleine die vier Kompositionen „Are You Real?“, „Along Came Betty“, “Blues March” und ein Feature-Titel für Art Blakey, “The Drum Thunder Suite“ sind alle aus Golsons Händen und er verhilft nicht nur Art Blakey und seiner Gruppe „The Jazzmessengers“ zum Erfolg, sondern schafft durch seine Zeit bei Blakey auch selbst den Durchbruch als angesagter Saxophonist in der Jazzszene von New York City.


„It was Golson who recruited his fellow Philadelphians for service with Blakey overthe course of 1958; and while the sanctified Timmons composition “Moanin’” became the album’s runaway hit, it was Golson who was responsible for the majority of the material.”


Die andere wichtige Hauptperson ist der - mit 22 Jahren fast halb so alte wie Art Blakey – Pianist Bobby Timmons. Seine Komposition „Moanin’“ ist das Titelstück des Albums und außerdem der Ohrwurm in der Jazzmusik schlechthin. Mittlerweile schon wie Blakey ein Teil der Blue Note Familie, seit seinem Café Bohemia Auftritt mit Trompeter Kenny Dorham, setzt der Jungspund am Klavier seine ganz persönlichen Akzente für die Platte.

Trompeter Lee Morgan, mittlerweile schon längst nicht mehr nur als junger Teenager abgestempelt, sondern schon ein recht erfolgreicher Musiker beim Label, spielt sich auf dieser Platte nun endlich aus dem Schatten von Dizzy Gillespie, in dessen Big Band er anfing, als er aus Philadelphia nach New York kam. Sein energievolles Spiel an der Trompete und Jymie Merritts fassettenreiches Spiel am Bass beeinflussen die Kompositionen und die Stimmung während der Aufnahme sehr.

Zusammen ergibt diese Formation der „Jazzmessengers“, die genauso geschichtsreich wie ihre Musik ist, den Grundstock für die Aufnahme zu „Moanin’“. Der Weg ins Neue, eine neue Ära des Jazz und einem großen Erfolg für Blakey und seine Mitmusiker.



Hier die Zusammenfassung der Titel:



„Moanin’“

Mit dem gleichnamigen Titelstück beginnt „Moanin’“. Mit dem funkigen Thema, begonnen durch Bobby Timmons am Klavier - der auch der Komponist des Stückes ist - und danach erweitert durch den Bläsersatz, bestehend aus Benny Golson am Tenor Saxophon und Lee Morgan an der Trompete. Das Thema ist sehr eigentlich sehr einfach aufgebaut und basiert auf einem klassischen call-and-response Pattern, auf dem Timmons simple Phrasen spielt und Golson und Morgan darauf mit zwei Akkorden antworten, Bb und F.

Auch die Solos sind auf einer simplen Akkordfolge aufgebaut, Bbm7, Ab7, G7b9 und C7#5(#9). Wenn man jedoch beispielsweise mal betrachtet, wie einfach Morgans Solo an der Trompete beginnt, und doch eine ganz gewisse Spannung erzeugt wird, merkt man, was erst alles hinter dieser gospelartigen Komposition steckt. Nach Morgan folgen für jeweils zwei Chorusse die Soli von Golson am Saxophon, Timmons am Klavier und schließlich Merritt am Bass.

„Moanin’“ wird bis zu Blakeys Tod immer das Vorzeigestück der „Jazzmessengers“, die in wechselnder Besetzung bis Anfang der Neunziger Jahre seine Band, immer gefüllt mit neuen, talentierten Musikern, bleibt. Auch später noch greift Blakey immer wieder auf diese eine Komposition zurück, die 1958 den Weg zum großen Erfolg der Band ebnete.


„Are You Real?“

“Are You Real?”, die erste von insgesamt vier Komposition von Saxophonist Benny Golson, ist ein 32 Takt langes Thema, gespielt von den Bläsern, dem gleich ein Chorus langes Solo durch Benny Golson selbst folgt. Nach Lee Morgan und Bobby Timmons kommt dann endlich auch einmal Art Blakey zum Solo, nach dem er im Anfangsstück „Moanin’“ noch sehr im Hintergrund spielte. Nach seinen Breaks (Fours), die abwechselnd von ihm und einem Solisten gespielt werden, folgt am Ende ein Solo von Jymie Merritt am Bass.

Was bei diesem Stück vor allem auffällt, ist, wie bedacht jeder einzelne Solist in nur einem Chorus so bedacht und gut organisiert spielt und so in einen ziemlich kleinen Raum viele Töne und Ideen fast. Vor allem Morgans Solo zeigt, wie viel er seit seiner Zeit bei Gillespie, als er noch nur ein junger, unerfahrener Trompeter war, dazugelernt hat. Obwohl das Stück nur weniger als 4 Minuten dauert, was eher unüblich für ein Jazzstück, vor allem aus der Zeit des Hard Bop in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern, ist.


“Along Came Betty”

Die zweite Komposition von Golson auf diesem Album, “Along Came Betty”, ist eine wunderschöne Ballade, die jedoch sehr ins Mid-Tempo hereinrückt. Nicht irgendeine bestimmte Persönlichkeit aus Golsons engem Bekanntheitskreis, sondern einfach nur der Laufstil einer jungen Dame namens Betty beflügelte Golson zum Schreiben dieser Nummer, die im Thema wieder von den beiden Bläsern umgesetzt wird.

Die Reihenfolge der Solisten ist nahezu die gleiche wie bei „Are You Real?“ auch schon. Lee Morgan beginnt, gefolgt von Benny Golson, Art Blakey und Bobby Timmons. Wie schon bei der ersten Golson-Nummer hat jeder nur ein Chorus zur Verfügung, aber holt das Beste, manchmal auch mit ganz simplen Mitteln und wenig Töne, wie Morgan in den letzten acht Takten seines Solos, heraus.


“The Drum Thunder Suite”

Diese Nummer ist eine der interessantesten und auch abwechselungsreichsten Stücke der Platte. Ebenfalls von Benny Golson komponiert ist es jedoch kein herkömmliches Stück, sondern eine eindeutige Feature-Nummer für den Schlagzeuger der Messengers, Art Blakey.

Die „Suite“ besteht aus drei Teilen, dem ersten Teil „Drum Thunder“, dem zweiten Teil „Cry A Blue Tear“ und dem dritten Teil „Harlem Disciples“. Ganz klar und ohne Frage steht in allen drei Teilen das Schlagzeug im Mittelpunkt. Die Teile bestehen hauptsächlich aus Schlagzeugsoli, wobei jedoch immer mal wieder zwischendurch Teile der Bläsersätze einsetzten und auch einzelne kleine Passagen an Soli anderer Musiker wie Timmons oder Golson folgen.

Der erste Teil, „Drum Thunder“, beinhaltet vor allem die Melodielinien, das zwar nicht genau als das Thema definiert werden kann, zu dem die Band jedoch am Ende der Suite wieder zurückkehrt, um dann das Ende einzuleiten.

Der zweite Teil, „Cry A Blue Tear“ ist eine Nummer, geschrieben im Latinfeeling, das vor allem schon auf die Melodielinien der gesamten Band basiert.

Zu guter Letzt folgt dann im dritten Teil, „Harlem Disciples“, das Finale der Nummer, bestehend aus einem Bluesschema. Die Band kehrt zum Anfangsmelodie zurück begleitet von Blakeys Soli.


“Blues March”

Die vierte und letzte Komposition Golsons auf diesem Album ist “Blues March”, ein Stück, das sowohl vom Titel her, als auch vom Rhythmus und der Melodie an eine Marschkapelle aus New Orleans erinnert.

Der Schwerpunkt des Stückes liegt dabei ganz klar auf dem Schlagzeug und dabei auf Blakey selbst. Sowohl das Thema als auch die Soli gespielt durch Morgan, Golson und Timmons begleitet der Schlagzeuger und Antreiber der Gruppe mit einem schwerem, erdigen 4/4-Rhythmus, der die Band nach vorne pusht.

„Blue March“ sollte, wie „Moanin’“ auch schon, ein unvergessener Ohrwurm und Paradestück der „Jazzmessengers“ werden und auch auf dieses Stück greift Blakey auch später immer wieder zurück und spielt es in den verschiedensten Formationen neu ein.


“Come Rain Or Come Shine”

“Come Rain Or Come Shine” ist die einzige Komposition auf dem Album, die nicht von einem der Bandmitglieder selbst stammt, sondern ein Jazzstandard von den Songwritern Harold Arlen und Johnny Mercer ist.

In einem typisch dem Hard Bop verfallenen Spielstil fängt nach dem Thema gleich Bobby Timmons am Klavier an ein Solo von der Länge eines Chorus zu spielen, worauf ihm Golson am Saxophon, Morgan an der Trompete und Merritt am Bass folgen. Es ist zum Abschluss der Scheibe noch einmal ein Ausklang mit Jazzmaterial, dass die Gesamterscheinung dieser Platte etwas abrundet.





Schon kurz nach den Aufnahmen von „Moanin’“ folgte für Art Blakey und seine „Jazz Messengers“ eine ausgeweitete Tournee Richtung Europa, als Hauptziel Paris in Frankreich, dass zu dieser Zeit eine der lebendigsten Jazzszenen außerhalb der USA hatte. Die Auftritte wurden ein voller Erfolg und bis auf Timmons, der durch Walter Davis Jr. Ersetzt wurde und Benny Golson, den Wayne Shorter vertrat waren auch alle Bandmitglieder dabei, die auch schon bei dieser Aufnahme mitwirkten. Die Reise war ein großer Erfolg und machte Blakey und seine Band auch im entfernten Europa bekannt.

Das Album „Moanin’“ war damit der Beginn eines Erfolges, der über Jahrzehnte hinweg anhalten sollte und obwohl Art Blakey in den folgenden Jahren bis zu seinem Tod immer mal wieder Höhen und Tiefen hatte, jedoch fast immer mit erstklassigen neuen Formationen seiner Band am Start war (so in den Achtzigern zum Beispiel mit Wynton und Branford Marsalis), so war das im Oktober des Jahres 1958 entstandene Album der Wegbereiter für diesen andauernden Erfolg. Blakey „stöhnte“ auf und die Jazzwelt hörte zu - bei einem bis heute nicht mehr allzu oft erreichtem Erfolg.



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1 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Bush is forever saying that democracies do not invade other countries and start wars. Well, he did just that. He invaded Iraq, started a war, and killed people. What do you think? What is he doing to us, and what is he doing to the world?
What happened to us, people? When did we become such lemmings?
We have lost friends and influenced no one. No wonder most of the world thinks we suck. Thanks to what george bush has done to our country during the past three years, we do!

2:05 AM  

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